KUNST & WUNDEN
Februar-Schwerpunkt um Aktionsradius Augarten
'Kunst & Wunden' ist ein unsicheres Terrain, ein Urwald voller
Fragezeichen. Es geht um Bilder, Texte, andere künstlerische oder
vorgegeben künstlerische Prozesse und Resultate, die von verwundeten
Menschen stammen. Wunden im Sinne von Depressionen, (Sucht)krankheiten,
Behinderungen, psychiatrisch relevanten Leiden, seelischen Krisen,
sozialen Ausgrenzungserfahrungen etc. Die Kunst einerseits und die
Wunden andererseits ernst nehmen heißt (nach Christian Mürners Überblick
zur Außenseiterkunst in 'Behinderte in Familie, Schule und Gesellschaft
Nr. 2/99), sie nicht gegeneinander erklären, ihnen also ihre Eigenwelt
und die Möglichkeit der Grenzüberschreitung in angemessenem Rahmen
einräumen. Wenn 'Verrückte' Bilder malen oder Texte schreiben, ist die
Rezeption leicht von romantischer Mystifizierung und Verklärung geprägt,
man spricht von Auflösung der Grenzen von Wahnsinn und Genie, und auf
dem Kunstmarkt haben solche Dinge - Stichwort: Gugging - seit langem
Konjunktur. Wenn AlkoholikerInnen Texte schreiben, werden diese eher der
Kategorie Selbsttherapie oder Therapie als der Kunst zugeordnet.
Versuche, zwischen diesen Polen Antworten zu finden, sind Legion. Robert
Walser: 'Dichtet ein kranker Mensch gut, so gehört als Dichter zu den
Gesunden.' Jean Dubuffet (der Erfinder des Begriffs 'Art brut'): 'Es
gibt ebensowenig eine Kunst der Verrückten (oder der Süchtigen - der
Verfasser) wie es eine Kunst der Kniekranken und Verdauungsgestörten
gibt'. Wenn nicht behinderte oder rundum ausgeglichene Menschen zum
Pinsel greifen, ist das, was entsteht, nur ausnahmsweise Kunst (immer
ist ein entsprechendes mediales Begleitrauschen die Voraussetzung
dafür). Das ist eine triviale Feststellung. Warum aber klingt es nicht
ebenso trivial, wenn man deponiert, dass Menschen mit Wunden (oder mit
Wahnsinn), wenn sie zum Pinsel greifen, ebenso bloß ausnahmsweise Kunst
schaffen? Der Februar-Schwerpunkt im Aktionsradius Augarten wird das
Terrain nicht sicherer machen. Aber verschiedene Ansätze des produktiven
Irrens durch dieses Terrain kenntlich machen...
Die Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken.
Avantgarde-Film von Ernst Schmidt jr. und anderen.
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location / organization
AKTIONSRADIUS AUGARTEN
gaussplatz 11
1200 wien
http://www.augarten-kultur.at
aktionsradius@augarten-kultur.at
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